Uwe Aulich
Die Obdachlosenärztin Jenny de la Torre hat ein neues Domizil gefunden. Noch in
diesem Jahr will sie in der Pflugstraße 12 in Mitte eine Praxis eröffnen. Außer
einer ambulanten medizinischen Versorgung soll es dort auch soziale Beratung für
obdachlose Menschen geben. "Langfristig will ich ein Gesundheitszentrum
aufbauen", sagt de la Torre.
Bereits in den kommenden Tagen will die Ärztin mit dem Bezirksamt Mitte einen
Mietvertrag für das Gebäude, eine ehemalige Kindertagesstätte, unterzeichnen.
Die Kita soll umgebaut werden und wird dann "für die Ärmsten der Stadt zur
Verfügung stehen", sagt die Ärztin. Obdachlose sollen in der Einrichtung auch
Kleidung tauschen können, Übernachtungsplätze wird es nicht geben. Der Bezirk
hatte für die Kita fünf Bewerber. "Für uns ist das Gesundheitszentrum schon auf
Grund der schwierigen Sozialstruktur eine sehr gute Lösung", sagt
Wirtschaftsstadtrat Dirk Lamprecht (CDU).
1994 hat die peruanische Ärztin im Ostbahnhof ihre erste Obdachlosenpraxis
eröffnet. Sie betreute Alkoholkranke ebenso wie HIV-Positive, sie kurierte
Hautausschläge und Erfrierungen. Deshalb wurde sie auch "Mutter Teresa vom
Ostbahnhof" genannt. Zuletzt arbeitete sie am Stralauer Platz. Ende September
2003 hörte de la Torre dort aber auf und trennte sich von der Trägergesellschaft
MUT, weil diese wegen rückläufiger Patientenzahlen ihre Stelle von 40 auf 25
Stunden pro Woche reduziert hatte.
Um ihren künftigen Nachbarn das Projekt vorzustellen, lädt Jenny de la Torre die
Anwohner heute um 17.30 Uhr in die Kita ein: "Ich werde die Probleme erläutern,
die Obdachlose haben. Und ich will den Anwohnern eventuelle Ängste nehmen", sagt
sie. (ua.)